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Die Notwendigkeit von Schulentwicklung 


Schulen entwickeln sich. Dabei sollten sie durch Beratung unterstützt werden. Was aber heißt: Schulen entwickeln sich? Schulen ändern sich, ob Kollegien, Schülerschaft und Eltern es wollen oder nicht, weil sich das Umfeld, die Schülergenerationen und die Lehrerinnen und Lehrer im Laufe ihrer beruflichen Sozialisation ändern:

Berufe verlangen anderes als früher und vieles, was nicht einmal vorhersehbar ist. Kooperationsfähigkeit, Selbständigkeit, Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, werden oft genug genannt.

Das Schulwahlverhalten der Eltern ändert sich. Schulen einer Region stehen manchmal in Konkurrenz miteinander. Veränderte Lebensbedingungen in den Familien, der Wertewandel und die Expertisierung des Alltags erfordern von der Schule mehr pädagogische Arbeit und Betreuung. Die Informationsgesellschaft, die Mediatisierung des Alltags wirkt sich auf die Bildungsinhalte aus. Kinder sind anders, werden anders erzogen, haben andere Bedürfnisse und andere Interessen als früher. Familien ändern sich zunehmend durch Medien aller Art, vor allem durch elektronische Medien. Die Lehrerschaft wird älter. Das Kollegium sammelt Routinen, die mehr oder weniger gut zu den Veränderungen passen. Lehrerinnen und Lehrer müssen Aufgaben erfüllen, die sie bisher nicht in ihr berufliches Selbstverständnis integriert haben.

Über die Notwendigkeit externer Beratung von Schulen

Die beispielhaft genannten Veränderungen sind prinzipiell nicht neu. Schule hat sich immer schon auf Veränderungen im Umfeld, in der Schülerschaft und in der Lehrerschaft einstellen und daher entwickeln müssen. Schulen haben den gesellschaftlichen Wandel bisher je nach Potential mehr oder weniger gut und erfolgreich bewältigt. Dabei haben die Schulen sich auf Anordnungen, zentrale Vorgaben und Planungen verlassen können. Aus der Tatsache der Veränderungen allein lässt sich also keine Notwendigkeit einer Unterstützung durch externe Berater ableiten.

Die wesentliche Begründung für externe Beratung sehen wir zum einen in der rasanten Geschwindigkeit, in der sich die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern und zum anderen in der Pluralität und damit in der wahrgenommenen Komplexität der Anforderungen, die an die Schule gestellt werden.

Autonomie
Profilbildung
Angebotsschule
Professionalisierung

Die bisherigen Lösungsstrategien scheinen zu schwerfällig, beliebig oder oberflächlich. Schulen müssen selbst Motor der Entwicklung sein, klären wo sie stehen, für wen sie da sind und wohin sie wollen. Doch dazu müssen alte Denkmuster, Beziehungsnetze und Bewältigungsroutinen durchbrochen oder neu organisiert werden. Schulentwicklungsberatung von außen ist dann nützlich, wenn sie

- die an der Schule beteiligten Menschen in den Mittelpunkt stellt,
- den schulischen Alltag unterbricht,
- Lernprozesse des Kollegiums und der Schulleitung fördert,
- die einzelne Schule und ihre Entwicklung zum Thema macht,
- pädagogische Ziele verfolgt,
- das Lehren, Lernen und Unterrichten unterstützt,
- von unabhängiger Seite Anregungen bietet
- hilft, über den eigenen Tellerrand zu schauen,
- ermöglicht, von den Erfahrungen anderer zu lernen,
- spezielles Wissen zur Verfügung stellt, das der Schule fehlt um ein Problem erfolgreich zu lösen,
- der Schule hilft, ein Profil oder Leitbild zu entwickeln,
- das Schulmanagement verbessert,
- innerschulische Reibungsverluste verringert oder
- einfach neue Impulse setzt.

Externe Beratung ist also zunächst einmal eine Irritation. Nichts wird als selbstverständlich angenommen, viele Aspekte des Alltags werden in Frage gestellt und sollen von jedem Kollegiumsmitglied kritisch überprüft werden. Davor haben Schulen häufig eine Scheu, was sie übrigens von Wirtschaftsunternehmen, Dienstleistungseinrichtungen und sogar Kirchen unterscheidet.

In dieser Irritation steckt die Chance zur Weiterentwicklung, die die Schule selbstorganisiert und –gesteuert durchführen soll. Externe Beratung unterstützt die Selbstreflexion einer komplexen Organisation durch geeignete Interventionen und Methoden. Für diesen ProzessProzeß fehlt es den meisten Schulen an Menschen mit entsprechenden Qualifikationen. Erst wenn der externe Berater diese Qualifikationen in der Schule verankert hat, sehen wir das Ziel einer externen Unterstützung erreicht. Wir sprechen dann von einer selbstlernenden Schule.

Projektvorhaben wie die Gestaltung eines Schulprogramms oder eines Schulprofils sowie die Veränderung der Unterrichtsformen, eine Verbesserung der Kooperation innerhalb des Kollegiums, die Ausweitung der Kontakte zwischen Schule und Umfeld oder die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Schülerschaft und Eltern, Schule und Betrieb sind Anlässe für die Durchführung eines die gesamte Schule betreffenden Entwicklungsprozesses. Eine externe Begleitung und Beratung scheint dann sinnvoll, auch für „gute" Schulen. Folgende Fragestellungen aus der Sicht von Lehrerinnen und Lehrern können dafür maßgeblich sein:

Wie können wir die Organisationsstruktur unserer Schule so verändern, dass die Effektivität unserer Arbeit gesteigert und die Ressourcen besser genutzt werden?

Wie erreichen wir, dass wir trotz wachsender Anforderungen ökonomischer mit unseren Kräften umgehen und Belastungen abbauen?

Wie können wir die Freude an unserer Arbeit erhalten oder ggf. wiedergewinnen?

Wie können wir uns in der Bewältigung unserer Aufgaben durch Zusammenarbeit gegenseitig unterstützen?

Wie können bereits vorhandene oder bisher ungenutzte Kompetenzen für unsere Schule genützt werden?

Wie müssen wir unsere pädagogischen Ansätze weiterentwickeln, um den veränderten Lebenswelten unserer Schülerinnen und Schüler und den daraus resultierenden Verhaltensweisen besser Rechnung zu tragen?

Welche Fortbildungsmaßnahmen benötigen wir für die Unterstützung unserer Arbeit?

An welchen gemeinsamen pädagogischen Vorstellungen und Zielen wollen wir uns bei der Entwicklung unserer Schule orientieren?

Sollten Ihnen diese Fragen bekannt vorkommen und in Ihnen gleichzeitig das Bild vieler fruchtloser Diskussionen mit zweifelhaften Kompromissen und ermüdender Konferenzen entstehen, so haben Sie eine weitere Begründung für die Notwendigkeit einer externen Beratung hinzugefügt.

Vielleicht stellt sich Ihnen jetzt auch die Frage nach den Schülerinnen und Schülern oder den Eltern. Auch sie können bzw. müssen an Schulentwicklungsprozessen beteiligt werden. Sie tragen andere Fragen und Wünschen in die Schule, die ebenso wichtig sind, wenn man das Schlagwort ernst nimmt, dass Schüler- und Lehrerschaft als Ko-Produzenten des Lernens zu verstehen sind.

© Reinhold Thiel, BBS Trier